Ober-Roden – Der vor ein paar Tagen 70 gewordene Landtagsvizepräsident Frank Lortz (CDU) war 29, als er erstmals ins Hessen-Parlament gewählt wurde. 29 Jahre jung ist auch der Rödermärker AL-Stadtverordnete Mahfooz Malik, der am 8. Oktober im Wahlkreis 46 kandidiert. „Ich bin bereit, den Staffelstab zu übernehmen“, sagt er. Vor dem großen Namen habe er zwar Respekt, aber keinen Bammel. Mahfooz Malik nennt sich selbst „durchpolitisiert“. Politik war sein Leistungskurs am Adolf-Reichwein-Gymnasium in Heusenstamm, Politik – in Form von Projekten mit jungen Ehrenamtlern – beschäftigte ihn während seines Masterstudiums als Studiensprecher. Ein weiterer Anstoß kam von einer alten Frau, mit der er während einer Demo vorm Brandenburger Tor saß. „Sie war 92 und strahlte mit allen Adern ihres Lebens den Optimismus aus, dass Veränderungen zum Guten möglich sind“, schildert er die Begegnung. „Das hat mich inspiriert, selbst loszulegen.“ Seine parteipolitische Heimat fand Mahfooz Malik bei der Anderen Liste Rödermark. Natürlich ging er zuerst wegen der Inhalte zu AL-Veranstaltungen. Am Ende waren es die Menschen, die ihn überzeugten: der Verstand und die Weisheit eines Roland Kern, der Humor eines Stefan Gerl, der Eifer einer Karin von der Lühe – Malik sieht in der älteren AL-Generation seine Vorbilder.
2021 wurde er in die Stadtverordnetenversammlung und in den Kreistag gewählt. Die Spitzenleute des Grünen-Kreisverbandes fragten den Newcomer, ob er für den Landtag kandidieren möchte. „Ich bin nicht aufgestanden und habe gesagt, ich mach’ das mal“, bat er um Bedenkzeit. Und holte sich Rat bei den Frauen und Männern, die ihn für die AL gewonnen hatten. Wirtschaft und Energie sind Maliks Schwerpunkte – zwei inzwischen typisch grüne Themen. Warum auf seiner Agenda auch Bildung steht, erklärt er mit seiner Herkunft. Seine Eltern kamen 1991 aus Pakistan nach Deutschland. 1993 wurde Mahfooz Malik in Bad Wimpfen geboren und ging dort zur Schule. „Sie war ein Ass im Ärmel, das sich nicht mit Gold aufwiegen lässt“, lobt er seine Deutschlehrerin aus der Grundschulzeit. „Ohne sie wäre ich nicht da, wo ich heute bin!“
Malik ist Unternehmensberater und dort Projektleiter für Digitalisierungsprojekte. In einer großen Essener Klinik untersuchte er zum Beispiel mit Ärzten und Verwaltung, wie das Krankenhaus der Zukunft aussehen könnte. Bei anderen Firmen prüft er den digitalen Reifegrad. Der ist in Rödermark weit besser als viele behaupten. Die Internetbandbreite im Breidert ist gut, stellt Malik fest, der dort seit 15 Jahren heimisch ist. Er betreut Kunden in ganz Deutschland, doch einen Großteil seiner Arbeit kann er aus dem Homeoffice in Ober-Roden erledigen. Wenn er in den Landtag gewählt wird, will er auch für die da sein, „die Angst haben, vom Tempo der Technologie überrollt zu werden“. Eine erstaunliche Aussage für einen 29-Jährigen, der sein berufliches Leben weitgehend über Tablet und Smartphone managt. Das Etikett „grün = technologiefeindlich“ lässt sich Mahfooz Malik auf keinen Fall umhängen. Und er widerspricht einem weiteren Klischee, das viele mit der Ökopartei verbinden: „Politische Entscheider können sich auch mal in Sachen Effizienz an der Wirtschaft orientieren.“ Pragmatismus in der politischen Umsetzung ist ihm wichtig, ideologische Grabenkämpfe werde es mit ihm nicht geben.
Die Landtagswahl wird für die hessischen Grünen kein Selbstläufer. „Wenn man regiert, bläst der Wind häufiger mal von vorne“, macht Malik keinen Hehl um das Gezerre der Berliner Ampel um das Heizungsgesetz: „Wir gewinnen auf Bundesebene sicher gerade keinen Popularitätswettbewerb. Aber ich trete für meine Heimat-Region an.“ Daran will er gemessen werden. Gegenwind für die Grünen, die AfD im Aufwind? Das Erstarken der AfD ist für Malik besorgniserregend: „Es handelt sich hier in Teilen um eine rechtsextreme Partei, die keinerlei politische Lösungen anzubieten hat und völkisch-nationalen Phantasien nachhängt.“ Sie aus Protest zu wählen, sei ein schwerwiegender Fehler. Um den zu verhindern, nimmt Mahfooz Malik im August und September Urlaub und will sich im Wahlkampf von Tür zu Tür hangeln. Das Gespräch von Mensch zu Mensch ist eben auch für einen Digital Native unverzichtbar.
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